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Steuerklasse ändern bei Trennung

Entgegen der weitläufigen Meinung, dass die Steuerklasse erst mit rechtskräftiger Scheidung gewechselt werden muss, ist bereits schon die Trennung steuerrelevant und sorgt dafür, dass im Folgejahr die Steuerklassen des Ehepaares geändert werden müssen. Weder das obligatorische Trennungsjahr vor der Scheidung noch der Scheidungstermin selbst sind für den Steuerklassenwechsel relevant.

Mit der Eheschließung oder Eintragung einer Lebenspartnerschaft erhalten beide Ehegatten ein Wahlrecht zur Zusammenveranlagung nach § 26b EStG und profitieren vom Ehegattensplitting bei der Einkommensteuererklärung. Demzufolge erfolgt aufgrund der Zusammenveranlagung nach der Heirat ein automatischer Steuerklassenwechsel von I / I auf IV / IV oder auf Antrag III / V. Dieses Wahlrecht wird mit der Trennung und der Abgabe des Formulars „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“ wieder aufgehoben.

Steuerklassenwechsel im Folgejahr der Trennung

Trennt sich das Ehepaar, so können beide Ehegatten noch im Jahr der Trennung ihre zuvor gewählten Steuerklassen behalten – da mindestens ein Tag der „intakten Ehe“ im Jahr ausreicht, um von der gemeinsamen Veranlagung und dem Splitting-Tarif für Eheleute zu profitieren. Hierzu heißt es im § 26 Abs. 1 EStG, dass Ehegatten ein Wahlrecht zur Zusammenveranlagung haben,

  • wenn diese nicht dauernd getrennt lebend sind und
  • diese Voraussetzungen bereits zu Jahresbeginn bestanden.

Definition des (dauernden) Getrenntlebens

Getrenntleben bedeutet nicht zwangsläufig, dass sich die Ehegatten auch räumlich trennen müssen. Vielmehr kommt es darauf an, dass das eheliche Leben nicht mehr intakt ist, siehe hierzu die Definition des § 1567 BGB:

(1) Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

Spätestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sich das Paar getrennt hat, entfällt also das Privileg des Ehegattensplittings und die Eheleute sind verpflichtet, ihre Steuerklassen zu ändern, da die Voraussetzungen des „nicht dauernd getrennt lebend“ zu Beginn des neuen Kalenderjahres bzw. Veranlagungszeitraums nicht mehr bestehen. Unerheblich ist, wann sich das Paar trennt – Stichtag ist der 31.12. des Jahres der Trennung.

Beispiel: Die Eheleute haben sich zum 20.01.2022 getrennt. Steuerklassenwechsel muss bis spätestens zum 01.01.2023 durchgeführt werden. Auch wenn sich die Eheleute am 30.12.2022 trennen würden, müsste die Steuerklasse zum 01.01.2023 gewechselt werden.

Somit werden die noch Verheirateten ab dem Folgejahr der Trennung (zumindest steuerrechtlich) wie unverheiratete Ledige behandelt und erhalten ab dem 01. Januar die Steuerklassen 1 und 1 bzw. 1 und 2. Ob das obligatorische Trennungsjahr für die Scheidung bereits abgelaufen ist, ist für die Steuerklassenänderung unerheblich.

Die Pflicht zur Änderung der Steuerklasse erstreckt sich jedoch nur auf den Hauptberuf. Hat man einen Zweit- bzw. Nebenjob mit der Lohnsteuerklasse 6, muss bei diesem nichts unternommen werden.

Lohnsteuerklasse 2 für Alleinerziehende

Sofern ein Ehegatte nach der Trennung gemeinsam mit einem Kind in der Wohnung lebt, für welches Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht, kann mit dem Formular „Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung“ die Lohnsteuerklasse II anstelle der Lohnsteuerklasse I beim Finanzamt beantragt werden. Durch die Einbeziehung des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende nach § 24b EStG liegt das Nettoeinkommen bei Steuerklasse II geringfügig höher als bei Lohnsteuerklasse I.

Erklärung zum dauernden Getrenntleben abgeben

Der Steuerklassenwechsel erfolgt nicht automatisch beim Finanzamt, vielmehr muss mindestens ein Ehegatte gegenüber dem Finanzamt erklären, dass das Paar fortan dauernd getrennt lebend ist. Hierfür muss das Formular „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“ an das Finanzamt übermittelt werden – die Zustimmung des anderen Ehegatten ist nicht notwendig. Entweder wird das Formular über den Formulardienst des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) ausgefüllt, ausgedruckt und auf dem Postweg oder mittels des Online-Dienstes der Finanzverwaltung unter elster.de an das Finanzamt übermittelt. Die Zuordnung der Erklärung findet über die Steuernummer sowie über die persönliche Steuer-Identifikationsnummer des Antragstellers statt. Hat ein Ehepartner die Erklärung abgegeben, greifen die Änderungen des Steuerklassenwechsels ab dem Folgemonat, der auf den Monat der Abgabe beim Finanzamt folgt.

Durch die Abgabe der Erklärung werden die ElektronischenLohnSteuerAbzugsMerkmale (ELStAM) von Lohnsteuerklasse IV / IV oder III / V auf I / I bzw. auf I / II geändert. Da der Arbeitgeber verpflichtet ist, die ELStAM im Rahmen der Lohnbuchhaltung abzurufen, werden diese Daten automatisch übermittelt und bei der Lohnabrechnung ab dem Folgemonat berücksichtigt. Hier sollte man berücksichtigen, dass der Arbeitgeber automatisch von einer Trennung seines Mitarbeiters in Kenntnis gesetzt wird.

Versöhnung – Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft

Es kann natürlich vorkommen, dass dauernd getrennt lebende Ehepaare wieder versöhnen. Befindet man sich nun schon im Folgejahr der Trennung und musste in die ungünstigeren Steuerklassen I und I bzw. I und II wechseln, so kann ein Versöhnungsversuch die steuerlichen Vorteile der Zusammenveranlagung in der Ehe wieder herstellen. Allerdings muss es sich um einen ernsthaften Versöhnungsversuch und den Willen, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder vollständig aufzunehmen handeln.

Mindestens ein Monat des Zusammenlebens

Mit dem Versöhnungsversuch ist natürlich nicht gemeint, dass man gemeinsam essen war und sich gut verstanden hat. Vielmehr muss ein ernsthafter Wille vorhanden sein, die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft wieder vollständig aufzunehmen. Ein ernsthafter Versöhnungsversuch wird u. A. angenommen, wenn die Eheleute bei einer vorangegangenen Trennung wieder mindestens einen Monat zusammenleben (FG Nürnberg, Az.: VI 160/2004 vom 07.03.2015). Gemeinsame Urlaube oder auch gelegentliche Übernachtungen werden von den Finanzämtern und Finanzgerichten dagegen nicht als ernsthafter Versöhnungsversuch anerkannt.

Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft erklären

Haben die Eheleute die Trennung überwunden und möchten die Ehe wieder ernsthaft aufnehmen, so können sie wieder die günstigen Steuerklassen über das Formular „Erklärung zur Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft“ beim Finanzamt beantragen. Dieses Formular muss von beiden Ehegatten unterschrieben werden.

Scheitert der Versöhnungsversuch, so muss im Folgejahr erneut das dauernde Getrenntleben erklärt und die Steuerklassen in I und I bzw. I und II geändert werden.

Änderung der Steuerklassen im Trennungsjahr

Bereits im Trennungsjahr bzw. besser gesagt im Kalenderjahr der Trennung, können die Ehegatten die Steuerklasse ändern – dies ist aber nicht verpflichtend. Häufig wird dies gemacht, wenn die Ehegatten in der intakten Ehe die Lohnsteuerklassen III / V hatten und nach der Trennung IV / IV haben möchten, da beide berufstätig sind. Dies erfolgt über das Formular „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern„, welches ebenfalls über den Formulardienst des BMF oder elster.de an das Finanzamt übermittelt werden kann. Zu beachten ist allerdings, dass auch in diesem Fall eine Änderung erst ab dem Folgemonat gilt, weshalb eine solche Änderung nur Sinn macht, wenn sich das Paar relativ früh im Jahr trennt. Um noch im Jahr der Trennung eine Steuerklassenänderung vorzunehmen, müsste spätestens am 30.11 der Antrag beim Finanzamt vorliegen, damit die Änderung noch für Dezember dieses Jahres greift. Im Dezember wäre stattdessen das Formular „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“ abzugeben, da ab Januar des Folgejahres die Änderung Pflicht ist.

Keine Pflicht zur gemeinsamen Veranlagung

Grundsätzlich sind die Ehegatten nicht verpflichtet, die gemeinsame Veranlagung und damit auch die günstigen Lohnsteuerklassen zu wählen. So könnte auch ein Ehegatte bereits im Jahr der Trennung die getrennte Veranlagung wählen, die sich natürlich auch auf den anderen Ehegatten auswirkt. Dies hätte zur Folge, dass damit die Steuerklassen I/I bzw. I/II gewählt werden, anstatt bspw. III/V. Dennoch muss beachtet werden, dass trotz der Trennung eine Verpflichtung zur ehelichen Solidarität gemäß § 1353 BGB gilt. Die gemeinsame Veranlagung darf damit nicht nur verweigert werden, um dem anderen Ehegatten zu schaden, was auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung BGH Az.: XII ZR 140/08 vom 17.02.2010 bekräftigte.

Hinweis: Die gemeinsame Veranlagung von Ehegatten nach § 26b EStG ist immer günstiger als die Einzelveranlagung nach § 26a EStG. Aus diesem Grund macht es für die Ehegatten – zumindest finanziell – die Steuer gemeinsam veranlagen zu lassen. Werden sich die Ehegatten nicht über die Steuerschuld bzw. Steuererstattung einig, kann auch eine Aufteilung der Steuererlast beim Finanzamt beantragt werden. Hier würde dann die Aufteilung der Steuererstattung anhand einer fiktiven getrennten Veranlagung erfolgen (BGH, Az.: XII ZR 111/03). Da es sich hierbei um eine komplizierte Berechnung handelt, empfehlen wir dringend, bei einem solchen Vorhaben einen Steuerberater hinzuzuziehen.

Hatte also bspw. die Ehefrau in der intakten Ehe die Lohnsteuerklasse V, weil der Ehemann die Lohnsteuer nach III abführte, muss der Ehemann der Frau – auch mit dem Trennungsunterhalt – den finanziellen Schaden ausgleichen, wenn die Frau weiterhin bis Jahresende in der schlechteren Steuerklasse V verbleibt. Würde die Ehefrau dennoch unberechtigt die Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung verweigern, könnte sie sich gegenüber ihrem noch-Ehemann schadenersatzpflichtig machen.

Insbesondere, wenn ein Ehepartner während der Ehe und auch nach der Trennung keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, wäre eine Versagung der gemeinsamen Veranlagung und Wechsel in die schlechteren Steuerklassen mutwillig und hätte Schadenersatzansprüchen des erwerbstätigen Ehegatten zur Folge.

Auswirkungen auf Trennungsunterhalt

Eine Änderung der Steuerklassen hat auch unmittelbar Auswirkungen auf das Nettogehalt der Ehepartner und somit auch direkten Einfluss auf den Trennungsunterhalt. Bei einer mutwilligen Änderung der Steuerklassen auf I/ I würde – wie im vorangegangenen Beispiel genannt – die Ehefrau ihr Nettoeinkommen erhöhen und das ihres Ehemannes absenken mit der Folge, dass ihr Anspruch auf Trennungsunterhalt sinkt.

Steuerklassen trotz Trennung nicht geändert – Strafen

Die Änderung der Steuerklassen ist wichtig, da dadurch auch dem Finanzamt mitgeteilt wird, dass die Ehegatten zukünftig getrennt veranlagt werden und nicht mehr das günstige Ehegattensplitting in Anspruch nehmen dürfen. Aus diesem Grund sollte man auch in der Steuererklärung einen Haken bei “dauernd getrennt lebend“ setzen und das Datum der Trennung einsetzen.

Kommen die Eheleute ihrer Meldepflicht nicht nach und nehmen den Steuerklassenwechsel nicht vor, werden sie zumindest bei der Lohnsteuer zu günstig besteuert mit der Folge, dass bei Abgabe der Steuererklärung für das Jahr nach der Trennung hohe Nachzahlungen drohen. Spätestens wenn das Finanzamt nämlich den Haken bei “dauernd getrennt lebend“ vermerkt, würde es auf getrennte Veranlagung umstellen.

Mögliche Steuerhinterziehung

Geben die getrenntlebenden Eheleute allerdings bei der Steuererklärung bewusst nicht an, dass sie dauernd getrennt lebend sind und haben auch die Lohnsteuerklassen nicht geändert – weil sie beispielsweise ein stillschweigendes Arrangement getroffen haben – um weiterhin finanziell von der gemeinsamen Veranlagung zu profitieren, kann dies sehr böse ausgehen. Einerseits kann die unberechtigte Zusammenveranlagung durchaus zu Ermittlungen der Steuer- und Strafbehörden aufgrund des Verdachts der Steuerhinterziehung führen.

Nachzahlungszinsen

Andererseits kann es zudem auch noch sehr teuer werden, wenn das Finanzamt die Steuer für vergangene, gemeinsame Steuerklärungen, jeweils als getrennte Veranlagung neu berechnet. Hierdurch würde eine deutlich höhere Steuerlast aufkommen. Zudem müssten für die Nachzahlungen zusätzlich dann auch noch Nachzahlungszinsen nach § 238 Abs. 1 AO i. V. m. § 233a AO in Höhe von 0,5% pro Monat bzw. 6% jährlich gezahlt werden.

Welche Steuerklasse bei dauernd getrennt lebend?

Nach Ablauf des Kalenderjahres der Trennung müssen die Ehegatten jeweils in die Steuerklasse 1 wechseln, auch wenn sie weiterhin verheiratet sind. Lebt ein kindergeldberechtigtes Kind (oder mehrere) bei einem Ehegatten, so erhält dieser die Steuerklasse 2.

Steuerklassenwechsel nach Trennung wann und wie?

Die Änderung der Steuerklasse muss ab dem 01. Januar des Folgejahres nach der Trennung erfolgen. Hierfür muss das Formular „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“ von einem Ehegatten an das Finanzamt übermittelt werden.

Welche Steuerklasse wenn geschieden mit Kind?

Die Scheidung selbst hat keine Auswirkungen mehr auf die Steuerklasse, da der Steuerklassenwechsel bereits nach der Trennung erfolgen muss. Sind die Eheleute geschieden, so verbleiben Sie in der Steuerklasse 1 bzw. 2 bei einem oder mehreren Kindern.