Die Unterhaltspflicht mindert sich oder entfällt, wenn gravierende Tatbestände vorliegen, die dem Unterhaltspflichtigen die Zahlung des Unterhalts ganz oder zum Teil unzumutbar machen (§ 1611 I BGB). Wer auf Tricks zur Unterhaltskürzung oder zum Wegfall der Unterhaltspflicht hofft, wird meist enttäuscht, denn eine Unterhaltskürzung wird nur in besonderen Fällen gewährt.
Welche Faktoren reduzieren den Unterhaltsanspruch?
Wird der Unterhaltsanspruch eines Berechtigten ermittelt, müssen grundsätzliche Faktoren geprüft und beachtet werden. Diese können zur Minderung oder generellem Wegfall des Unterhaltsanspruchs führen.
Selbstbehalt
Trotz bestehender Unterhaltspflichten darf der Unterhaltspflichtige nicht in den finanziellen Ruin getrieben werden, sein Existenzminimum muss gesichert sein. Es muss deshalb immer ein Selbstbehalt berücksichtigt werden. Würde der Unterhaltsanspruch die Grenze des Selbstbehaltes unterschreiten, kommt es zur Mangelfallberechnung. Es kann nur von dem Geld Unterhalt gezahlt werden, das über den Selbstbehalt hinausgeht, was zu einer Minderung des ursprünglichen Unterhaltsanspruchs führt.
Verfügbares Nettoeinkommen
Zur Ermittlung des zu zahlenden Unterhalts wird das verfügbare Einkommen berücksichtigt. Um eine Kürzung der Unterhaltszahlung zu erreichen muss das anrechenbare Nettoeinkommen reduziert werden, also monatliche Belastungen und Ausgaben vorhanden sein und detailliert angegeben werden. Folgende Ausgaben können das unterhaltsrelevante Einkommen senken:
- Unterhaltskosten für ein Auto, das für den Arbeitsweg benötigt wird
- Arbeitskleidung
- Zweitwohnung, die wegen der Arbeit genutzt werden muss
- regelmäßige Fortbildungen und Lehrgänge
- Mitgliedschaften in Gewerkschaften, Berufsgenossenschaften, Ärztekammern etc.
- Kosten für die Betreuung im Kindergarten
- …
Rangfolge im Unterhalt
Im Unterhaltsrecht gibt es eine klare Rangfolge. Zuerst kommen minderjährige und privilegierte volljährige Kinder, dann folgen betreuende Elternteile, Ehegatten, weitere Kinder, Enkelkinder, Eltern und Großeltern.
Unter Berücksichtigung des verfügbaren Einkommens und des Selbstbehaltes passiert es daher schnell, dass bspw. für das minderjährige Kind Unterhalt geleistet werden kann, nicht aber in voller Höhe für den berechtigten Ex-Ehegatten.
Welches Verhalten des Unterhaltsberechtigten führt zur Kürzung des Unterhaltsanspruchs?
Beim Vorliegen einer der folgenden Situationen wäre die Unterhaltskürzung oder schlimmstenfalls der vollständige Wegfall des Unterhaltsanspruchs die Folge. Diese Vorgehensweise rechtfertigt sich aus sogenannten Billigkeitsgründen. Eine ungekürzte Weiterzahlung des Unterhalts trotz Bestehen dieser Situationen wäre für den Unterhaltspflichtigen grob unbillig und verpflichtet daher auch nicht zur anstandslosen Unterhaltszahlung.
Unbilliges Verhalten
Soweit der Unterhaltsberechtigte sich grob unbillig verhalten hat, hat er damit seinen Unterhaltsanspruch verwirkt, da die Zahlung von Unterhalt als unangemessen oder ungerecht – unzumutbar – angesehen wird.
Beispiel: Grobe Unbilligkeit kann sich beispielsweise aus einem vorwerfbaren Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten (z.B. Bedürftigkeit wurde mutwillig herbeigeführt oder der Berechtigte hat sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten hinweggesetzt etc.) oder aus einer objektiven Unzumutbarkeit der Unterhaltsleistung für den Unterhaltspflichtigen ergeben.
Kurze Ehe
Nach gesetzlicher Maßgabe ist entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine Herabsetzung bzw. ein Ausschluss des nachehelichen Unterhalts bei kurzer Ehedauer möglich, obwohl ein gemeinsames Kind betreut wird. Eine kurze Ehedauer liegt vor, wenn die Ehe nicht länger als drei Jahre gehalten hat.
Neuer Partner
Das dauerhafte Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner stellt einen Verwirkungsgrund dar. Begibt sich der Berechtigte in eine neue Lebensgemeinschaft und verfestigt sich diese, signalisiert er damit, dass er sich endgültig aus der nachehelichen Solidarität gelöst hat. Von einer verfestigten Partnerschaft ist in der Regel nach ca. 2-jährigem Zusammenleben auszugehen.
Verweigerung der Kontaktaufnahme zum Unterhaltsschuldner
Die Gerichte haben häufig darüber zu entscheiden, ob eine Kontaktverweigerung des Bedürftigen mit dem Unterhaltspflichtigen zu einer Minderung oder Wegfall des Unterhaltsanspruchs führen kann. Diese Frage spielt insbesondere im Zusammenhang mit Unterhalt ab 18 und der persönlichen Kontaktpflege des volljährigen Kindes zu dem unterhaltspflichtigen Elternteil eine Rolle.
Die Gerichte sehen es überwiegend als eine schwere Verfehlung des volljährigen Kindes an, wenn diese keine Bereitschaft zur Ausübung der persönlichen Kontaktpflege zu dem in Anspruch genommenen Elternteil zeigen. Daraus folgt in der Regel eine Rechtfertigung zumindest zur Vornahme einer angemessenen Kürzung des Kindesunterhalts.